Februar 2018

Inhalt im Februar 2018:

  • Danke für die Rückmeldungen!
  • Die größte Hilfe: Halt und Sicherheit
  • Wat nix kost, dat is uch nix ...

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Danke für die Rückmeldungen!

Zu meinem Newsletter im Januar erhielt ich sehr viele Rückmeldungen, die mir bestätigten, dass dieses Thema einfach immer wieder aktuell ist. Und es tut gut zu wissen, dass man damit nicht alleine ist! Danke allen Lesern und Schreibern!!!!

Des weiteren erhielt ich aber auch eine Rückmeldung einer erwachsenen Adoptierten, die mir deutlich machte, dass ich die Grundlage, auf der meine Beobachtungen und Ratschläge beruhen, vielleicht nicht ganz deutlich gemacht habe.

Sie schrieb:
„Du weißt, ich bin selber adoptiert, allerdings bereits 1948 und sehr behütet und mit viel Liebe aufgewachsen. Meine Eltern waren nicht so übervorsichtig wie die heutigen Adoptions-oder Pflegeeltern. Ich glaube, Ihr legt viel zu viel Unsicherheit auf das Wohlergehen der Kinder. Diese Unsicherheit merken die Kinder natürlich und es kommt bei denen überhaupt nicht gut an. Es gibt sicher einige, die Schwierigkeiten haben aber das ist nicht die Masse.

Warum muss das Thema überhaupt jeweils mit den Lehrern immer wieder besprochen werden? Die Schule weiß es doch bereits mit der Einschulung und je mehr das Thema debattiert wird, um so unsicherer werden vielleicht auch die Lehrer.

Während meiner Schulzeit war das überhaupt nie ein Thema. Ich musste auch nicht jede Woche alle Hefte und Mappen meinen Eltern vorlegen. Diese ständige Überprüfung geht na klar jedem Kind auf den Sender und man tut ihnen keinen Gefallen damit.

Haben vielleicht die Eltern viel größere Probleme als die Kinder?
Mit Deinem heutigen Artikel tust Du den Kindern keinen Gefallen und viele Eltern sind vielleicht so auch erst unsicher geworden.

Das musste ich jetzt einfach mal los werden. Es betrifft sicher nur die lernschwachen Kinder, die es überall, auch bei leiblichen Kindern, gibt und ist kein Angelegenheit für Adoptions-und Pflegekinder. Ich kenne viele, sehr viele Eltern mit Adoptions-und Pflegekindern und bei denen ist Schule überhaupt kein Thema. Die Kinder kommen alle problemlos und fröhlich durch die Schulzeit.“

Danke für diese Rückmeldung, die ich so auch übernehmen darf!

 

Meine Stellungnahme dazu:

Ja, ich stimme auch dieser Ansicht zu, denn natürlich dürfen wir unsere Kinder mit einem Überbehüten und dem absoluten Wunsch, alle Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen, nicht verunsichern und ihnen die Selbständigkeit nehmen.

Auch müssen wir Eltern uns im Klaren darüber sein, dass unsere Kinder nur die Ziele erreichen können, die ihren Möglichkeiten entsprechen.

Vielen, insbesondere aus dem Ausland adoptierte Kindern, ebenso wie Pflegekindern fehlt jedoch eine sichere Bindung, was sich in den unterschiedlichsten besonderen Verhaltensweisen äußert. Des weiteren haben viele Adoptiv- und Pflegekinder durch Mangel, aber auch durch Drogen sowie Alkohol in der Schwangerschaft, dauerhafte Hirnschädigungen, deren Folgen immer noch zu wenig bekannt sind.

Ich bin auch überzeugt davon, dass noch zu meiner Schulzeit bei den Lehrern eine viel höhere Toleranz für besondere Verhaltensweisen war und man nicht so schnell „aus dem Rahmen fiel“ wie heute. Unser Schulsystem ist schon seit mindesten 20 Jahren nicht mehr dazu geeignet, allen Kindern wirklich gleiche Chancen zu bieten  und produziert seitdem immer mehr bildungsferne Erwachsene, deren Kinder auch keine Chance haben (aber das ist ein anderes Thema).

Viele Adoptiv- und Pflegeeltern bekommen immer mehr das Gefühl, dass ihre Kinder "funktionieren" müssen und sobald ein Verhalten zu auffällig (anstrengend) ist, wird insbesondere an einer weiterführenden Schule schnell der Ruf nach entsprechenden Medikamenten laut. Ja, vielen Kindern hilft das – aber ihnen würde auch helfen, wenn sie länger und enger als Gleichaltrige begleitet würden. Dies möchte ich im nachfolgenden Text deutlicher machen (und: Ja, ein solches Vorgehen würde auch manch anderem Kind in einer Klasse helfen - womit wir wieder bei der nicht vorhandenen Chancengleichheit wären ...)

Kerstin Blank-Bringmann 2018

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Die größte Hilfe: Halt und Sicherheit

Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren gesammelt habe, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Schlechte Noten aufgrund von Unaufmerksamkeit und „Stören“

Offensichtlich:
Lehrer/innen bestrafen „Stören“ in jeder Unterrichtsstunde mit einer schlechten Note, diese summieren sich und nehmen Einfluss auf die Zeugnisnote.

Sicht der Lehrer/innen:
Das Kind soll langfristig merken, dass es nicht stören darf.

Mögliche Ursachen:
Das Kind sucht Halt und Grenzen.
Unterrichtsstoff wird nicht verstanden.
Langfristige Folgen werden nicht überblickt, nicht verstanden und deshalb „vergessen“.

Hilfreich:
Lehrer/innen müssen verstehen, dass er/sie eine Bindung zum Kind aufbauen muss, bevor es sich auf das Lernen einlassen kann. Außerdem muss er/sie in der Lage sein, manchen Kindern mehr Halt und engere Grenzen (inkl. Anweisungen) zu geben, als man es „normalerweise in dem Alter macht“.

 

Schlechte Noten (und Defizite) aufgrund mangelnder Mitarbeit im Unterricht

Offensichtlich:
Lehrer/innen finden das Kind faul und unaufmerksam.

Sicht der Lehrer/innen:
Wenn das Kind fleißiger wäre und Mitschriften anfertigen würde, könnte die Note besser sein.

Mögliche Ursachen:
Das Kind ist noch gar nicht in der Lage, sich selbst zu strukturieren und Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
Das Ankommen in der Klasse und Aufbauen neuer Bindungen/Beziehungen benötigt alle Aufmerksamkeit des Kindes, so dass keine Kapazität für selbständiges Organisieren der Schulsachen mehr übrig bleibt

Hilfreich:
Lehrer/innen um klare Anweisungen für das Kind bitten (tut sicher auch anderen in der Klasse gut).
Es muss genug Zeit für Mitschriften im Unterricht sein und die Notwendigkeit dieser sollte klar (und immer wieder neu) mitgeteilt werden.

 

Elterngespräche bis hin zu Schulkonferenzen wegen schlechtem Verhalten

Offensichtlich:
Lehrer/innen bekommen Provokationen des Schülers nicht unterbunden.

Sicht der Lehrer/innen:
Das Kind ist schlecht erzogen.

Mögliche Ursachen:
Das Kind sucht Halt und Grenzen.
Ausgeprägte Vermeidungsstrategien werden angewendet (auch als Schutzreflex gegen Überforderung).

Hilfreich:
Die Grenzen müssen von den jeweiligen Lehrer/innen gesetzt werden. Erst wenn für das Kind klar ist, wo die Grenze ist und dass der Lehrer die Klasse im Griff hat, kann es sich auf die Unterrichtsinhalte konzentrieren.

Hier hilft es auch, als Eltern deutlich zu machen, dass sich das Kind zuhause nicht so verhält und dass in der Schule die Lehrer/innen die Verantwortung dafür tragen, wie die Schüler sich ihnen gegenüber verhalten.

Wenn der Unterschied im Verhalten des Kindes wirklich gravierend ist, sollten Eltern auch den Mut haben und vorschlagen zu hospitieren. Dies wird zum Glück für unsere Kinder 😉 normalerweise abgelehnt, setzt aber das Zeichen, dass wir Eltern erwarten, dass Lehrer/innen ihre Verantwortung wahrnehmen …. und die Anrufe zuhause werden dadurch weniger 😉

Klassenwechsel sind bei Eskalationen oft wenig hilfreich, denn das Kind fängt in einer neuen Klasse mit dem Beziehungsaufbau immer wieder bei 0 an. Es fehlen also weiterhin Kapazitäten für das Mitkommen im Unterricht. Dies mindert die Aussicht auf gute Noten sehr.

Tatsächlich hilfreich erwies es sich für viele Kinder, die ich kenne, dass sie freiwillig ein Schuljahr wiederholen durften. So hatten sie mehr Zeit für den Schulstoff und da dies leichter fiel, waren auch mehr Kapazitäten für das soziale Lernen frei.

Solange das Kind Schutzmechanismen in Form von Vermeidungsstrategien zeigt, müssen Eltern besonders darauf achten, dass Anforderungen nicht zu hoch sind und auch ihre eigenen Erwartungen überdenken.

 

Mobbing und der Hang zum Klassenclown

Offensichtlich:
Andere Schüler schaffen es zur allgemeinen Belustigung, die Schwachstellen unserer Kinder offen zu legen.

Sicht der Lehrer/innen:
Das Kind will Aufmerksamkeit.

Mögliche Ursachen:
Das Kind ist unsicher und versucht entweder „alles richtig zu machen“ oder sich als „ganz  besonders“ hervorzuheben, was andere ausnutzen, um Spaß zu haben.

ODER auch häufig: Kinder mit schlechtem Selbstbewusstsein suchen Schwachstellen, um andere abzuwerten. Das kann "komisches" Verhalten ebenso wie die Hautfarbe sein. Die Hauptmotivation ist aber immer, sich selbst zu erhöhen, indem es den anderen erniedrigt. (Kinder, die Zuhause viel Druck erleben, tun dies häufig)

Hilfreich:
Lehrer/innen müssen ganz klar zu dem Kind stehen, Halt geben und unangemessenes Verhalten sowie Provokationen wahrnehmen und unterbinden.
Geschieht dies nicht frühzeitig und hilfreich, ist meist kein Klassen-, sondern nur ein Schulwechsel sinnvoll. Die Erfahrung zeigt, dass sich „Blödmänner“ eher nicht ändern und unseren Kindern lange das Leben schwer machen können. Wir Eltern müssen da wirklich mutig und konsequent zum Wohl unseres Kindes handeln.

 

Fazit:

Es ist eine Gratwanderung, denn Kinder, die nur schwer Bindungen eingehen können, reagieren auf diese Art der Zuwendung natürlich zunächst abweisend. Auch das habe ich erlebt. Und trotzdem, wenn man dem Kind (weder übergriffig noch (ab)wertend) immer wieder einen klaren Rahmen vorgibt, hat es eine Chance, dies rückwirkend als Zuwendung zu akzeptieren und als Familie hat man eine Chance, die Schulzeit "zu überstehen" - vor allem auch dadurch, dass Eltern akzeptieren (und abgeben) lernen, dass Probleme in der Schule auch von den Betroffenen in der Schule gelöst werden müssen.

Es gibt genug Lehrer/innen, die sich nicht auf Lösungsversuche von Eltern einlassen wollen. Und an diesem Punkt müssen Eltern lernen, dass es wichtiger ist, ihrem Kind den Rücken zu stärken als es von Zuhause noch mehr unter Druck zu setzen!

Kerstin Blank-Bringmann 2018

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Wat nix kost, dat is uch nix ...

... sang schon vor vielen Jahren „unsere“ Familie Rink.
Reinhören in diese CD kann man hier http://www.die-rinks-shop.de/wolkentheater-cd

Doch!

Der AdoptivSinn-Newsletter kostet nix – und dank vieler Rückmeldungen weiß ich, er „ist auch was“!

 

Was ich aber damit sagen will ist,

dass ich sehr lange überlegt habe, ob ich in diesem Sinne auch für mich „werben“ darf….

Natürlich schreibe ich den AdoptivSinn-Newsletter, weil es mit wichtig ist, diese Themen zu publizieren und ich freue mich immer sehr, wenn entsprechende Rückmeldungen dies auch bestätigen.

Außerdem empfehle ich gerne Bücher weiter, die in irgendeiner Weise ansprechen. Aufgrund dessen bin ich angemeldet im Amazon Partnerprogramm. Das bedeutet, dass ich mit jeder Bestellung, die über die Links auf meiner Webseite oder im Newsletter getätigt werden, ein paar Cent „verdiene“.

Reich werde ich damit nicht, aber ich denke, es ist legitim, dass ich in dieser Form auch einmal explizit darauf hinweise: Jeder Leser, der sowieso etwas bei Amazon bestellen wollte, und diese Bestellung über einen meiner Links tätigt, lässt mir damit eine minimale finanzielle Honorierung meiner Arbeit zukommen.

Danke!

Kerstin Blank-Bringmann

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Und hier könnte man z.B. anfangen:

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Ich freue mich über Fragen/Anregungen und Leserbriefe!

Bitte mit entsprechendem Betreff an: info(at)adoptivsinn.de

 

alle Texte dieses Newsletters (wenn nicht anders gekennzeichnet):
© Kerstin Blank-Bringmann

 

Die Katze in Handschuhen fängt keine Mäuse.
Benjamin Franklin