Anders gut ist nicht schlecht

Anders gut ist nicht schlecht

Ich kenne einige Mütter, die ein schlechtes Gewissen haben, dass sie arbeiten gehen. Aber wenn es den Kindern dabei doch gut geht – warum nicht?

Nun habe ich aber auch Mütter kennengelernt, die ein schlechtes Gewissen haben, weil sie NICHT arbeiten gehen – und frage mich, ob das ein Adoptivelternphänomen ist.

Genauso wenig, wie man vor anderen rechtfertigen muss, warum man arbeiten geht, sollte man sich dafür rechtfertigen müssen, dass man mit seinem Kind zuhause ist.  Ich denke, gerade Adoptiveltern, die lange auf ihr Kind gewartet haben, wollen und sollten es auch genießen (dürfen), endlich Eltern zu sein. Der Bindung schadet es sicher nicht!
Wichtig ist hierbei vor allem die Wortwahl, die das Gefühl, mit dem man Mutter/Vater ist, schon sehr beeinflusst. Für mein elterliches Selbstbewusstsein ist es ein großer Unterschied, ob ich den „Job geschmissen“ oder ob ich „ihn für die Bedürfnisse meines Kindes hintenan gestellt“ habe, damit mein (Adoptiv)kind zuhause Zeit hat, vieles nachzuholen und Bindung aufzubauen.

Auch wenn der Kindergarten vielen Adoptivkindern sicherlich gut tut, brauchen sie oft mehr Zeit mit der Familie als andere Kinder. Diese Familienzeit festigt die Bindung und gibt ihnen das Selbstbewusstsein, sich auf neue Abenteuer einzulassen.

Wenn man dies für sich als Eltern akzeptiert, kann man auch gegenüber anderen ausstrahlen, dass eine arbeitende Mama diesem Kind zur Zeit nicht gut tut. Dies schließt ja nicht aus, dass einem anderen Kind eine arbeitende Mama gut tut!

Gerade weil Adoptivkinder oft so (lange) gewünscht waren, ist es meiner Meinung nach auch unser gutes Recht, die Mama zu sein, die man sein möchte.
Niemand, der seinem Kind das gibt, was es braucht, um sich ausgeglichen und gefestigt zu entwickeln, sollte sich rechtfertigen müssen.

Überall kann man Mütter treffen, die überzeugt sind, dass gerade sie das einzig richtige tun. Ich denke, sie wollen sich und ihrem Umfeld damit beweisen, wie "gut" sie sind. Aber ist nicht jede Mutter eine "gute Mutter", die genau so handelt, wie es gerade ihrem Kind gut tut?

Wenn man es anders macht, dann ist man meiner Meinung nach eben "anders gut", aber anders ist nicht gleich falsch!!!!
Auf dass sich niemand entmutigen lässt, mit seinem Kind den Weg zu gehen, der für gerade dieses Kind richtig ist!

©Kerstin Blank-Bringmann 2015