April 2017

Inhalt im April 2017:

  • Du hast mir nichts zu sagen - Du bist ja gar nicht meine Mutter
  • Die Zukunft unserer Kinder wählen
  • Buchtipp: Anders Mutter werden
  • Einblick in Medienberufe für 10-21jährige

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Du hast mir nichts zu sagen - Du bist ja gar nicht meine Mutter

Einer unserer Teenager unterhält sich mit Freunden offensichtlich auch über tiefgreifendere Themen als Serienstars und DSDS.

Plötzlich erzählte unser Kind mir, dass Freunde gesagt hätten, sie würden nicht adoptieren wollen. Sie hätten Angst, dass das Kind später mal sagen würde: „Du hast mir nichts zu sagen, du bist ja nicht meine richtige Mutter.“

Und dann die Frage an mich: „Was würdest du tun, wenn ich das sage?“

Nachdem wir „früher“ vorbereitet auf alle Fragen zur Herkunft usw. natürlich immer erwarteten, unser „Wissen“ auch einzusetzen, muss ich feststellen, dass so konkrete Fragen tatsächlich schon sehr lange nicht mehr aufgetaucht sind. Offensichtlich kam unser Kind sehr lange gut selbst unter Freunden klar. Nun aber ist noch einmal eine Stellungnahme gefordert und meine sieht so aus:

„Ich würde sagen: Du hast Recht, ich bin nicht deine Mutter. Aber als deine Mama habe ich hier das Sagen und deshalb hast du dich hier an die Regeln zu halten, die vereinbart sind. Der Gerichtsbeschluss ist meine Vollmacht dazu, aber mein Herz sagt mir, dass ich nicht meine Macht nutzen muss, sondern dass meine Liebe zu dir die Basis unseres Zusammenlebens ist.

Diese Aussage "Du hast mir nichts zu sagen ..." ist nichts anderes als ein Versuch, Verpflichtungen oder Regeln nicht ein zu halten. Du kannst diesen Satz nicht dazu benutzen, mich zu verletzen, denn du weißt, dass ich dich als richtige Mama liebe und da auch keine Zweifel habe.

Adoptiveltern, die sich in ihrer Beziehung zum Kind unsicher fühlen, sind da sicher angreifbarer und dünnhäutiger.

Aber auch Kinder, die nicht adoptiert sind, werden etwas anderes finden, mit dem sie ihre Eltern verletzen, oder ihnen wenigstens ein schlechtes Gewissen machen können – aber immer nur, um irgendetwas nicht tun zu müssen, wozu sie gerade keine Lust haben. Das ist bei Teenagern ziemlich normal und auch du kannst das - nur nicht mit diesem Satz ;-)“

Antwort unseres Teenagers: „ Ja, das dachte ich mir schon. Ich hätte davor auch keine Angst, wenn ich ein Kind adoptiere.“

Und geht – Thema erledigt – Bindung gelungen :o)

Wer sich geliebt und angenommen fühlt, kann sich auch selbst so annehmen, wie er ist – wer sich benachteiligt fühlt, sucht jemanden, der „Schuld ist“. Und hier haben Adoptiv- und Pflegekinder gerade in der Pubertät sicherlich auch die größten Reibungspunkte. Kinder mit Bindungsstörungen suchen viel stärker als sicher gebundene Kinder jemanden der „Schuld ist“. Damit stellen sie die Beziehung zu den Eltern immer wieder auf harte Belastungsproben. Ob eine Beziehung tragfähig ist, ist deshalb meiner Meinung nach nicht abhängig davon, ob man als Mutter oder Vater "was zu sagen hat“, sondern ob das Kind eine Basis für eine einigermaßen sichere Bindung zur neuen Familie entwickeln konnte. So schlimm es ist, manche Kinder schaffen das aufgrund ihrer Vorgeschichte nicht, obwohl sie – so wie sie sind – geliebt werden. Hier liebevoll „Stellung zu beziehen“, die zugewiesene „Schuld“ nicht an zu nehmen und nicht aufzugeben, das Kind nach seinen Möglichkeiten zu begleiten, ist meiner Meinung nach in der Pubertät das Schwerste, was Adoptiv- und Pflegeeltern leisten müssen. Es fühlt sich an als würde das geliebte Kind mit zunehmendem Altern trotz allem immer wieder massiv versuchen, sich aus dem Herzen seiner Eltern heraus zu reißen.

Es ist leicht gesagt, dass man das nie zulassen darf …

Kerstin Blank-Bringmann 2017

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Die Zukunft unserer Kinder wählen

Wir sind in unserer Familie vier Personen. Wahlen beeinflussen nicht nur das Leben der Erwachsenen, sondern stellen Weichen für die Zukunft unserer Kinder. Warum haben unsere Kinder keine Stimme? Warum dürfen Eltern nicht die Stimme ihrer Kinder sein?
Weil vier Familienmitglieder dann mehr Gewicht hätten als zwei Rentner?
Das müssten sie auch, denn unsere Politik ist zu großen Teilen eine Politik der Alten!
Hier ein interessantes Interview dazu: http://mittelpunkt.bayernlb.de/ausgaben/ausgabe_012017/interview/leben_die_alten_auf_kosten_der_jungen/ Wenn man berücksichtigt, dass vielen Versprechen keine Taten folgen und die wenigsten Taten der Politik tatsächlich die Zukunft unserer Kinder im Blick haben, ist es umso wichtiger für Familien, wählen zu gehen.Vor allem auch, um sich einen Platz auf der Bühne zurück zu erobern, die immer mehr von Rentnern dominiert wird. Hier ein sehr interessanter Artikel dazu: http://www.wolfgang-gruendinger.de/warum-wutrentner-gegen-fluechtlinge-demonstrieren/Der Politk- und Sozialwissenschaftler Wolfgang Gründinger beschreibt sich selbst als „Zukunftslobbyist und Generationen-Erklärer“ . Als solcher spricht er klar und deutlich Missstände an, legt es aber nicht darauf an zu polarisieren. Viel wichtiger ist es ihm, eine Basis für den Dialog zu schaffen, denn glücklich älter werden können „Alte“ und „Junge“ nur gemeinsam.Dass hierbei aber die „Jüngeren“ immer mehr benachteiligt werden, macht er in folgendem Interview deutlich:
„Wir sind bereits an einem Punkt angekommen, wo die Älteren deutlich in der Mehrheit sind und die Jüngeren immer weniger anecken dürfen. Das war vor 20, 30 Jahren noch anders. Wer heute aneckt, wird sofort an den Pranger gestellt – das ist anstrengend und abschreckend. Auf der anderen Seite gibt es diese Umarmungsstrategie der Älteren – man ist ja für einen und nicht gegen einen. Konflikte zwischen Jung und Alt? Die gibt es gar nicht! Und wenn ja, dann höre ich fast immer, man dürfe die Alten nicht gegen die Jungen ausspielen. Verrückterweise ist es genau so – nur andersherum: Die Jungen werden gegen die Alten ausgespielt.
Die Rente ist hierfür ein sehr eindrückliches Beispiel. Über Nacht werden Rentenpakete in Milliardenhöhe geöffnet und bei der Kindergelddebatte einigt man sich zäh auf 400 Millionen Euro. Also auf der einen Seite 400 Millionen Euro für Kinder, auf der anderen Seite pro Jahr 10 bis 12 Milliarden Euro für Rentner – für die privilegierten Rentnerschichten, wohlgemerkt, denn diese zusätzliche Rente soll nicht speziell Altersarmut bekämpfen.“
Das ganze Interview findet man hier: https://merton-magazin.de/der-zukunftssucher

 

Kerstin Blank-Bringmann 2017

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Buchtipp: Anders Mutter werden

Charlotte Weiss schreibt über ihre Erfahrungen im ersten Jahr nach einer Auslandsadoption

Der Einstieg fesselt den Leser und nimmt ihn direkt mit in den Alltag, in dem insbesondere in der ersten Zeit des Familie-werdens die Gefühle Achterbahn fahren. Hier habe ich mich der Autorin sehr nahe gefühlt, denn auch ich wusste vor der Adoption unserer Kinder nicht, wie hoch und wie tief Gefühlsausschläge tatsächlich gehen können. Im Vergleich dazu erscheint plötzlich das Leben vor der Adoption schon fast seicht und langweilig 😉

Es folgt ein Rückblick, der den Adoptionsweg mit dem Prozess der Entscheidungsfindung, Rückschlägen und neuen Wegen kurz, aber prägnant so beschreibt, dass man sich darin wiederfinden kann – egal aus welchem Land man adoptiert (hat).

Die weitere Erzählung der Startschwierigkeiten und des Hineinwachsens in den Alltag als Familie läuft ab wie in gängigen Adoptionsratgebern beschrieben – hier aber in Tagebuchform mit Leben gefüllt. Der Anspruch der Autorin, sehr persönlich über allgemeine Probleme im ersten Jahr als Familie zu schreiben, gelingt im ganzen Buch sehr gut. Es berührt den Leser und nimmt ihn mit in einen Familienalltag, der von außen betrachtet ungewöhnlich, für Adoptiveltern jedoch ziemlich normal ist. Insbesondere die immer wiederkehrende Hilflosigkeit, die Adoptivkinder zu Verhaltensweisen verleitet, die Außenstehende nicht verstehen, wird sehr klar dargestellt. Jede Adoptivfamilie hofft dabei in jeder Institution erneut auf Verständnis, findet es aber nicht unbedingt. Mit ihren sehr persönlichen Aussagen über die Andersartigkeit der Elternrolle und den damit auch verbundenen Zweifeln auf der Suche nach einer ganz eigenen Selbstsicherheit, spricht die Autorin vielen aus dem Herzen. Außenstehende können dieses Gefühlschaos zwischen unendlicher Liebe und tiefer Verzweiflung, alles falsch (weil anders) zu machen definitiv nicht nachvollziehen. Wem ein Austausch darüber wichtig ist, der findet sich in diesem Buch wieder.

Für viele Adoptiveltern ist es in der ersten Zeit oft schwierig, zu besonderen Verhaltensweisen des Kindes Stellung zu beziehen. Man hinterfragt sich sehr viel, weil man sich mit „normalen Familien“ vergleicht und sich natürlich auch Normalität wünscht. Das Selbstbewusstsein, andere Wege zu gehen, damit die Kinder in Ruhe nachholen und sich in ihrem Tempo weiter entwickeln können, muss in jeder Adoptivfamilie erst wachsen. Wie es wächst, beschreibt dieses Buch sehr offen und hilfreich!

Kerstin Blank-Bringmann 2017

 

weitere Buchtipps findet man hier ...

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Einblick in Medienberufe für 10 - 21jährige

Die Stiftung Jugend und Medien der Sparkasse Bonn bietet eine gute Möglichkeit für junge Menschen zwischen 10 und 21 Jahren in Medienberufe hinein zu schnuppern.

In verschiedenen Workshopkonzepten (an Standorten in Bonn und Köln) ist es möglich, den Wunsch, „was mit Medien zu machen“, auszuprobieren und entweder ganz konkrete Projekte mit zu verwirklichen oder tatsächlich die verschiedenen Berufsbilder kennen zu lernen. Echte Profis vermitteln typische Arbeitstechniken und Infos zum Arbeitsalltag, von technisch bis kreativ, von kaufmännisch bis konzeptionell.

Dabei gliedern sich die Angebote in die für die 10-16 jährigen:
http://www.sk-jugend.de/jugendliche.html

und die für die 15-21 jährigen, die unter dem Begriff „Jobtester“ ganz konkrete Berufbilder vermitteln wollen:
http://www.sk-jugend.de/junge-erwachsene/jobtester-workshops.html

Diese Workshops sind eine lohnenswerte Investition, um interessierten Kindern/Jugendlichen die Möglichkeiten, die Medienberufe bieten, ganz konkret Nahe zu bringen.

Viel Spaß!
Kerstin Blank-Bringmann

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Der Newsletter kann gerne an Interessierte weitergeleitet werden!

Ich freue mich über Fragen/Anregungen und Leserbriefe!

Bitte mit entsprechendem Betreff an: info(at)adoptivsinn.de

 

alle Texte dieses Newsletters (wenn nicht anders gekennzeichnet):

© Kerstin Blank-Bringmann

 

Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
(Antoine de Saint-Exupéry)