Was Adoptivkindern den schulischen Alltag erschwert


Was Adoptivkindern den schulischen Alltag erschwert

Nach vielen Jahren, die man schon den Familienalltag mit Adoptivkindern meistert, fühlt sich oft alles „so normal“ an. Ja, es ist wunderschön, sich als ganz normale Familie zu fühlen und das Familienleben zu leben, das man sich immer gewünscht hat!
Wenn nur die Schule nicht wäre … uns bringt sie immer wieder an unsere Grenzen und egal wie normal wir uns fühlen, wir dürfen nie vergessen, dass unsere Kinder hier keine normalen Vorraussetzungen mitbringen und deshalb einfach benachteiligt sind.

Vor allem müssen wir Eltern aufpassen, dass unser meist schon in Vorbereitungsseminaren erworbenes Wissen um die Handicaps unserer Kinder nicht im Alltag untergeht. Vielen unserer Kinder fällt das Lernen oft schwer, aber unser Verständnis geht mit den Jahren im Wunsch unter, dass die Kinder täglich funktionieren.

Fakt ist aber, dass der Stress, den die leibliche Mutter in der vorgeburtlichen Phase unserer Kinder hatte (ungewollte Schwangerschaft, Lebensumstände, Sucht etc.), in vielen Fällen eine dauerhafte Wirkung im Sinne einer besonderen Stressanfälligkeit unserer Kinder hat, und zwar oft lebenslang.
Die Folgen sind vielfältig, aber den meisten gemeinsam ist eine niedrige Frustrationstoleranz, die sich in zwei Bereichen zeigt.

Zum einen ist die Problemlösungskompetenz oft weniger ausgeprägt. Aufgaben werden, wenn das Lösen nicht auf Anhieb gelingt, schneller "hingeschmissen", es erscheint wie ein unüberwindbares Hindernis.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die Aussage eines Psychologen, dass man heute wüsste, dass das Gähnen in solchen Situationen oft Ausdruck einer antizipierten Leistungsanstrengung sei. Diese Kinder benehmen sich sozusagen unbewusst vor der Anstrengung schon so, als läge sie bereits hinter ihnen und hätte ihnen alles abverlangt.

Zum anderen zeigt sich die geringere Frustrationstoleranz auch im sozialen Verhalten. Diese Kinder „rasten schneller aus", sind aber auch sehr unsicher und werden nicht selten aufgrund ihres „komischen“ Verhaltens ausgegrenzt.

Für uns Eltern ist es deshalb wichtig, immer wieder vor Augen zu haben, dass bei den meisten Adoptivkindern aus unterschiedlichsten Gründen Veränderungen im Gehirn stattfanden, mit denen sie in der Schule in einen unfairen Wettbewerb geschickt werden.
Es ist, als würden wir jemanden mit Gipsbein in ein Wettrennen schicken und erwarten, dass er nur aufgrund unserer Motivation, Unterstützung und Liebe einen der ersten Plätze erreicht.

Ich möchte auf diesem Weg deshalb Mut machen, den Druck von den Kindern zu nehmen und als Löweneltern hinter ihnen zu stehen! Auch wenn sich die Kinder nicht mehr an ihre früheste Kindheit erinnern und viele Defizite aufgeholt wurden, das Gehirn erinnert sich und reagiert häufig schneller mit der Ausschüttung von Streßhormonen als bei Kindern, die behütet geboren wurden.

Ebenso wichtig ist es, bei den Lehrern Aufklärungsarbeit zu leisten, warum unsere Kinder einfach nicht „so einfach“ Leistung erbringen können – das ist sehr schwer! Aber unsere Kinder sollten es uns Wert sein, hier nicht aufzugeben!
Erneut möchte ich in diesem Zusammenhang auf die hervorragend ausgearbeiteten Merkblätter des Vereins http://www.adoption-unser-weg.de/  hinweisen wie z. B.:

http://www.adoption-unser-weg.de/images/stories/auw2/infoblattlehrer2012.pdf

 

©Kerstin Blank-Bringmann 2016

Vielen herzlichen Dank für die inhaltliche Unterstützung durch eine andere Adoptivmutter!